„Die Johannespassion ist für mich die größte und schönste unter den Passionen. Und sie zu singen ist dann das Größte und Schönste. Die vielen Probentage waren anstrengend, aber lehrreich.
Die Proben sind für mich bereits Teil der Aufführung, haben wir doch das Glück, neben dem Erlernen auf dem Wege von den Tönen zur Musik zwischen den einzelnen Stücken durch Karins Kurzvorträge Hintergründiges zu erfahren. Hintergründiges zur Zeit der kompositorischen Entstehung, zur Auslegung des Textes, zur Bedeutung einzelner Tonarten in ihrer Zeit u.a.m. – sehr wichtig, sehr gut, eine Bereicherung.
Und was ist mein Lieblingsstück – das ist die Nr. 40, der Schlußchoral, „Ach Herr laß Dein lieb Engelein…“ und das bereits seit Jahrzehnten, also von Kindesbeinen an. Erwachsen geworden und mit Verstand gesungen, auch heute noch Ton und Text. Da ist alles drin, Sehnsucht nach ewiger Ruhe und Glaubensgewissheit der Todeserweckung. Und seit 2020 habe ich beim hören oder singen dieses Chorals ein neues Bild im Kopf. Zum Trauergottesdienst für Peter Schreier am 8. Januar 2020, bei dem ich dabei war, versammelte sich am Ende der gesamte Dresdner Kreuzchor im Halbkreis um den Sarg und sang eben diesen Schlußchoral. Dieses Bild trage ich seit dem in mir und es wird jedes mal beim singen dieses Schlußchorals präsent.“
Roland Horn, Tenor (Fotos: Horn/privat)
Es ist bezeichnend für dieses Werk, es hinterlässt Spuren: „Es fiel mir gerade wieder ein, die Johannes-Passion,“ so Susanne aus dem Sopran, „als ich die das erste Mal gesungen habe und mich dann nach der Aufführung erschöpft auf das Bett fallen ließ, habe ich die ersten Kindsbewegungen meines ersten Kindes gespürt. Das war sehr beeindruckend.“
„Wir waren durch die Bank sehr bewegt an diesem Probenwochenende. War es für einige nach einer langen Corona-Pause wieder das erste richtige Chorwochenende. War es für eine Tochter einer Altistin vielleicht das überhaupt erste Probenwochenende als Zuhörerin, bei dem sie ganz „in Bach eintauchte“. Den lieben langen Sonntag- mitten im Orchester sitzend, vor dem Chor sitzend – fasziniert von der Musik – lauschend, konzentriert – mit acht Jahren seelenruhig. Faszinierend – für die kleine Tochter die Musik – für die ChoristInnen und MusikerInnen – faszinierend, die kleine Tochter mit ihrer Engelsgeduld.
Leider konnten nicht alle so mitsingen, wie gewünscht – Erkältung hier, Infekt dort – aber da Noten mitlesen, Stimmen in Gedanken singen und Orchester lauschen auch schult, war es für unsere Sopranistin Carmen auch „in Ordnung“ einfach dabei zu sein – wenigstens etwas mitmachen – schweren Herzens…. Denn eigentlich, ja eigentlich sollte die Johannes-Passion ja auch von ihr gesungen werden. Daumen drücken für die Aufführung in drei Wochen! Corona wird uns keinen Strich durch die Rechnung machen, so viel steht fest – geboostert und getestet gehen wir schließlich in jede Probe!
Zuhören war auch noch für einen stillen Besucher der Kirche etwas Besonderes und machte ihn einen Moment unerwartet glücklich, als er sich während unserer intensiven Probe der Nummer 39 „Ruht wohl…“ in der Kirche einfand, sich neben den Sopran – rechts vom Altar – setzte und mir zuflüsterte, er habe einfach das Bedürfnis nach Kirche. Er genoss die Sonne, die genau durch das Fenster an der Orgelempore in sein und mein Gesicht strahlte, lauschte unserer Probe, genoss die Klänge der Musik und als er sich nach einiger Zeit verabschiedete, flüsterte er „Danke“….
Danke für diese Musik! Glücklich und erschöpft ging dieses Probenwochenende für mich zu Ende. Aber ich freue mich schon auf die nächste Probe am kommenden Donnerstag… denn diese Musik ist ein Lichtblick für die Seele in diesen düsteren Zeiten. Ich bin froh, dass ich mich durch sie berühren ließ – an diesem Probenwochenende…“
Christine, Sopran (Foto: Schrade)
Weitere Informationen zur „Johannes-Passion“ am 27. März 2022 in der Kreuzkirche.
Weitere Informationen zur „Matthäus-Passion“ am 15. April 2022 in der Kreuzkirche.