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SERIE „PASSIONEN“ – TEIL 1 „1685 EIN GENIE WIRD IN EINE ZEIT GEBOREN“

Artikelreihe von Karin Freist-Wissing über die beiden Bach-Passionen – „O GROßE LIEB“ – J.S. Bachs Leidenschaften – Johannespassion – Matthäuspassion, was ist das?

 1. Artikel: „Ein Genie wird in eine Zeit geboren“

 „Deutschland ist ein unregelmäßiges monströses Staatsgebilde“, schreibt der Philosoph Samuel von Pufendorf über dieses Land zur Zeit von Bachs Geburt. Die beiden großen Komponisten Bach und Händel sind im selben Jahr nur knapp 200 km auseinander geboren, aber sie waren quasi Ausländer füreinander.

Deutschland war ein großer Flickenteppich aus unabhängigen Herzog – und Fürstentümern, freien Reichsstädten und kleinsten Macht -Einheiten. Dazu gab es auch noch Reichsritter, grundbesitzende städtische Eliten und Großgrundbesitzer. Die Interaktion aller dieser Institutionen war extrem detailliert geregelt, war aber dem freien Austausch untereinander hinderlich, so musste zum Beispiel ein Lastkahn auf dem Rhein alle 10 km einen Grenzzoll bezahlen.

Für uns heute ist es allerdings ein großes Glück, dass die Situation so war, hatte doch auch der kleinste Hof ein eigenes Orchester, eigene Musiker und eigene Komponisten um Zerstreuung zu pflegen und Prunk und Reichtum nach außen zu zeigen. Nur aus diesem Grund haben wir heute aus der Barockzeit so unendlich viel hervorragende Musik.

Zur Zeit von Bachs Geburt erholte sich Deutschland nur langsam von den Auswirkungen des furchtbaren 30-jährigen Krieges (1618-1648). Viele Dörfer und Städte sind zerstört und deren Bevölkerung ermordet worden. Während und nach dem Krieg schlugen die Pestwellen zu und weitere Tausende Menschen fanden den Tod durch Hunger und Krankheit.

In Thüringen starb die Hälfte der Bevölkerung, das Land verharrte in einer kollektiven Traumatisierung, die sich tief in die Seelen der Überlebenden einbrannte. Das kommt erschütternd zum Ausdruck in einem Sonett von Andreas Gryphius aus dem Jahre 1657:

„ was sind wir Menschen doch?

ein Ball des falschen Glücks

ein Irrlicht dieser Zeit

ein Schauplatz herber Angst

besetzt mit scharfem Leid

ein bald verschmelzter Schnee

und abgebrannte Kerzen.“

Bach wurde in eine musikalische Großfamilie hineingeboren. Musiker waren damals Handwerker, keine Künstler. Sie lernten ihr musikalisches Handwerk vom Vater oder anderen engen Bezugspersonen.

Wie das bei Johann Sebastian war, erzähle ich im nächsten Artikel.

Karin Freist-Wissing

Weitere Informationen zur „Johannes-Passion“ am 27. März 2022 in der Kreuzkirche.

Weitere Informationen zur „Matthäus-Passion“ am 15. April 2022 in der Kreuzkirche.

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Steffi

    Ein Novum in der Kreuzkirche – beide Passionen in einem Jahr!

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