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„LIBERA ME“ – STIMME AUS DEM ZUSCHAUERRAUM

Nicht nur ein Mal habe ich mir als Chorsängerin gewünscht, das eigene Konzert auch mal als Zuhörerin zu erleben. Nun bescherte die herbstliche Erkältungswelle mir ganz unfreiwillig einen Besuch des „Libera me“ Konzerts von Vox Bona und dem Sinfonieorchester. Die Stimme streikt, also FFP2-Maske statt Chorkleid und ein Platz auf der Empore statt auf dem Podest – eine ungewohnte Perspektive. Die Kirche ist voll, aber 2G-Regel, Maskenpflicht, strenge Kontrollen und Abstand ermöglichen trotz steigender Inzidenzen einen relativ sicheren Konzertbesuch.

Das Konzert startet stimmungsvoll mit Mozarts „ Bläserserenade“ in kleiner Orchesterbesetzung. Kann ich mich hier den schönen Klängen noch ganz unvoreingenommen hingeben, so ertappe ich mich beim folgenden Requiem dabei, wie ich auf die Feinheiten achte: Wie waren hier noch mal die Absprachen? Was hatte Karin an dieser Stelle noch gleich zur Dynamik gesagt? Als das Abschalten dann doch gelingt, ist der Genuss des Zuhörens umso schöner. Ich bin beeindruckt von Präzision und Ausdruck und genieße ein emotionales Konzert über die existentiellen Fragen des Lebens. Dass sich die Aufführung auf die von Mozart vertonten Teile seines unvollendeten Requiems beschränkt, unterstreicht die auch musikalisch zum Ausdruck gebrachte Endgültigkeit und Trostlosigkeit. Das abrupte Ende des Werkes nach dem „Lacrimosa“ wird aufgefangen durch Bachs „Bist du bei mir“, das die Zuhörer mit einem tröstlichen Ausblick in den Abend entlässt.

Besonders beeindruckt war ich wie immer von den Chorsolisten, deren Stimmen sich sonst so perfekt in den gemeinsamen Klang einfügen und sich nun ganz kraftvoll und individuell in der großen Kirche entfalten. Wenn es nicht noch viel schöner wäre, gemeinsam zu musizieren, könnte ich dem Chor öfter aus dem Zuschauerraum lauschen – Gänsehautmomente hatte ich jedenfalls in beiden Fällen.

Bild und Text Redaktionsteam

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